Diesmal einige Überlegungen und Reflexionen unseres Geschäftsführers Luca Moretto zur allgemeinen Lage der Übersetzungsbranche.
Internationalisierung: wo alles beginnt
von Dott. Luca Moretto
Ein politisches Parkett, das sich immer stärker von seiner internationalen Seite zeigt. Unternehmen, die Büros und Handelsvertretungen in aller Welt eröffnen. Kunden, die nun auch aus dem Ausland stammen. Wenn wir mit einem Gesprächspartner kommunizieren wollen, aber nicht dieselbe Sprache sprechen, dann wird die Übersetzung zur absoluten Priorität. Und wenn diese Übersetzung dann auch noch gut ist, werde ich mein Produkt verkaufen, mit meinen ausländischen Mitarbeitern erfolgreich zusammenarbeiten und, falls ich zufällig Präsident bin, kann ich vielleicht auch einen Krieg verhindern. Ich werde also eine Chance mehr bekommen. Übersetzung heißt Hoffnung.
Doch was braucht eine Übersetzung heute, um Qualität garantieren zu können?
Die Welt der Übersetzung hat sich verändert. Wie Statistiken beweisen und wie ich aufgrund meiner Tätigkeit als Unternehmer selbst bezeugen kann, wird das Angebot in dieser Branche den tatsächlichen Anforderungen des Marktes oft nicht gerecht: die Zahl der entsprechend strukturierten Anbieter ist bis heute unzureichend. Selbstverständlich kann die Übersetzung eines wenig dringenden Geschäftsbriefs einem einzelnen Übersetzer anvertraut werden, Unternehmen und Regierungsbehörden müssen oft jedoch mehrere hundert Seiten pro Tag in mehrere Sprachen übersetzen, und das bei oft langfristigen Zahlungsbedingungen, die nur ein solides Unternehmen tragen kann.
Es ist interessant zu beobachten, dass sich als Reaktion auf diese Nachfrage im Laufe der letzten dreißig Jahre die ersten Unternehmen behaupten konnten, die sich auf die organisierte Bereitstellung von Übersetzungsleistungen spezialisiert haben. Ob sie nun aus Leidenschaft oder aber aus Wirtschaftsdenken gegründet wurden, diese Unternehmen liefern den wachsenden Anforderungen des globalen Marktes die ersten Lösungsansätze; die häufigen Qualitätsmängel, die für Übersetzungsleistungen bis heute kennzeichnend sind, lassen sich vor allem darauf zurückführen, dass es sich um eine relativ junge Branche handelt: Lieferanten und Kunden müssen erst noch Erfahrung sammeln. Oft weiß der Kunde selbst nämlich wenig oder nichts über die qualitativen Mindeststandards, die für eine Sprachdienstleistung dieser Art zu gelten haben. Indem der Kunde schweigt und seine qualitativen Ansprüche nicht geltend macht, unterstützt er das Fortbestehen einer unreifen, verunsicherten und verunsichernden Konkurrenz.
Meine eigene Berufserfahrung hat mir gezeigt, dass die meisten Kunden vor allem einen extrem schnellen Service suchen. Dies gilt auch für die Erstellung der Kostenvoranschläge und alle anderen firmeninternen Aspekte der Auftragsabwicklung. Um diesen Anforderungen voll entsprechen zu können, brauchen die Unternehmen für Sprachdienstleistungen technisch und kaufmännisch qualifiziertes Personal, die sogenannten „Projektmanager“, die die einzelnen Projektabläufe organisieren und überwachen, mittlerweile übrigens oft auch auf mehrere Zeitzonen verteilt. Unser Unternehmen und andere Anbieter der Branche haben diesen Aspekt optimiert und sind mit weltweiten Standorten heute auf multinationaler Ebene tätig. Die einzelnen Teams des Projektmanagements setzen sich somit aus Mitarbeitern an verschiedenen Standorten zusammen und können die Projekte so in verschiedenen Zeitzonen rund um die Uhr und ohne Unterbrechung koordinieren.
Wie können komplizierte Inhalte korrekt übersetzt werden?
Diese Frage betrifft keinesfalls nur die Figur des Übersetzers. Das Verständnis für die fachlichen Inhalte, die übersetzt werden sollen, ist vor allem eine Frage der Ausbildung, der Sensibilisierung und der konstanten Betreuung der einzelnen Mitarbeiter. Dazu sind spezifische Rollen innerhalb des Unternehmens nötig, wie Personalchefs, Trainer und Lektoren. Man denke nur an die Notwendigkeit, Firmenbesichtigungen beim Kunden zu organisieren, um den Übersetzern das nötige Wissen über dessen Produkte zu vermitteln. Oder aber die Möglichkeit, unabhängige Qualitätsprüfungen aller übersetzten Texte durchzuführen, um eventuelle Fehler zu korrigieren und die Terminologie zu vereinheitlichen, wenn die Dringlichkeit der Übersetzung es zum Beispiel verlangt, dass der Text auf mehrere Übersetzer aufgeteilt wird.
Auch die Notwendigkeit, umfangreiche Texte in kürzester Zeit zum Abschluss zu bringen und dazu jede Phase der Mitarbeiterschulung, des Übersetzungsprozesses und des Korrekturlesens Minute für Minute zu planen, veranlasst den Sprachdienstleister dazu, in erster Linie mit internem Personal zu arbeiten, das im Gegensatz zum externen Freelance-Mitarbeiter rasch gebrieft und organisiert werden kann. Prozesseffizienz ist ein Konzept, das heute auch auf die Übersetzungsbranche angewandt werden kann.
Darüber hinaus handelt es sich bei Forschung und Entwicklung um zwei grundlegende Aspekte, wenn dem Markt entsprechende Sprachlösungen geboten werden sollen. Die einzelnen Analysen, die von Vertretern der Branche durchgeführt worden sind, haben nämlich zur Einführung verschiedener optimierender Serviceleistungen geführt: so zum Beispiel die Lokalisierung der Übersetzung, die auch auf die kulturellen und kommunikativen Besonderheiten des Zielpublikums Rücksicht nimmt. Techniken im Bereich Simultandolmetschen, die von den kostengünstigeren Technologien des klassischen Audioguides Gebrauch machen, oder leistungsstarke Reportingprozesse, mithilfe derer Sitzungsprotokolle in Echtzeit erstellt werden können. Die technologische Innovation gilt als wichtiger Angelpunkt in der Entwicklung neuer Dienstleistungen, die nicht nur effiziente Lösungsansätze bieten sondern auch geringere Kosten mit sich bringen. Technologisch innovative Unternehmen haben also einen großen Vorteil: Sie können hochgradig effiziente Lösungen bieten und dabei die Kosten senken.
Die Antwort auf die Anforderungen des Kunden liegt also in einer sorgfältigen Organisation der Ressourcen und Prozesse, weshalb strukturierte Unternehmen dem allein stehenden Freelance-Übersetzer vorzuziehen sind. Ob man nun von einem organisierten Unternehmen oder aber einem freien Mitarbeiter spricht, viele Kunden erleben die Qualität der Sprachdienstleistung oft als nicht zufriedenstellend und verbreiten das negative Bild vom „Betrug Übersetzung“, das bis heute in den Köpfen vieler fortbesteht. Doch warum ist das so? Tatsache ist, dass viele Kunden ihre Übersetzungen größtenteils im Alleingang organisieren, und zwar nicht nur aus zweifelhaften Gründen der Wirtschaftlichkeit, sondern vor allem, weil sie überzeugt sind, die speziellen Inhalte und Anforderungen ihrer Branche besser zu verstehen als jeder Außenstehende. Ich persönlich kann dieser Argumentation nur zustimmen. Auch mir ist es in der Vergangenheit hin und wieder passiert, dass meine Reden oder Texte nach der Übersetzung vom eigentlichen Grundgedanken abgekommen sind.
Infolge beschloss ich, diesem Problem auf den Grund zu gehen und meine Arbeit als Sprachdienstleister auf solide Grundlagen zu stellen. Dank meiner linguistischen Ausbildung und meiner Erfahrungen in der unternehmerischen Praxis erkannt ich bald, dass Verständnis- und Übersetzungsfehler in erster Linie aus dem mangelnden Fachwissen des Übersetzers resultieren. Wenn ein Übersetzer nicht durch und durch versteht, was er liest, kann er es auch nicht korrekt übersetzen.
Die Lösung?
Ausgehend davon, dass es nicht reicht, eine Sprache zu kennen, um übersetzen zu können, und unter der Annahme, dass man sich beim Übersetzen nicht einfach nur auf Kenntnisse und Wissen aus Wörterbüchern und universitären Lehrplänen verlassen darf, entschied ich mich für die Einführung strengster Auswahlkriterien sowie eines präzisen Verfahrens zur Aus- und Weiterbildung sowie zur Überwachung des sprachlichen Personals, was infolge zu ausgezeichneten Ergebnissen geführt hat: viele Übersetzer lernen, wachsen und arbeiten „in ihrer eigenen Welt“, hinter Scheuklappen, die ihr Bild von der Welt auf einen minimalen Ausschnitten reduzieren, ihnen den Blick auf jene praktische Realität versperren, vor der viele Intellektuelle sich verstecken, während sie gleichzeitig versuchen, genau dieses praktische Tun in ihren Texten zu übersetzen.
Seit wir entschieden haben, uns in dieser Branche zu engagieren, konnten wir die Qualität unserer Übersetzungen kontinuierlich verbessern. Das liegt wohl daran, dass wir gelernt haben, auf die Welt zu hören, auf ihre Empfehlung hin jene Formen der Arbeitsorganisation anzuwenden, die in vielen anderen und deutlich weniger komplexen Unternehmensbereichen seit Jahrzehnten, vielleicht sogar seit Jahrhunderten angewendet werden. Vor allem muss sprachkompetentes Personal ausgewählt werden, das seine eigene Muttersprache perfekt beherrscht sowie über eine solide Allgemeinbildung und ausgeprägte analytische Fähigkeiten verfügt. Sobald diese Voraussetzungen erfüllt werden, können die Verwendung der branchenspezifischen Terminologie sowie das Verständnis ihrer Konzepte durch gezielte Aus- und Weiterbildung des Übersetzers innerhalb des Unternehmens auf effizientem Weg erreicht werden. Wir haben dazu ein solides Auswahl- und Bewertungssystem für Mitarbeiter entwickelt, das unseren Übersetzern außerdem die Möglichkeit zu kontinuierlicher Fortbildung sowie zum direkten Austausch mit Kollegen und Kunden bietet.
Durch die Zusammenstellung und Sensibilisierung eines internen Teams für Übersetzungen hat sich eine Unternehmenskultur herausgebildet, die auf Werten wie Forschung, Rücksichtnahme und Achtung vor Kollegen sowie dem vollen Verständnis für die Bedürfnisse des Kunden basiert. Letztes Glied in dieser kulturellen Revolution ist die kritische Arbeit der Lektoren, die als Senior-Übersetzer nicht nur mehr Erfahrung mitbringen, sondern über generell mehr Verständnis und Feingefühl für die reale Welt verfügen.
Unsere Form der Organisation gibt uns außerdem die nötigen Mittel in die Hand, um unvorhergesehenen Zwischenfällen vorzubeugen und unser Personal so davor zu schützen, unter extremen Stressbedingungen arbeiten zu müssen, die sowohl Konzentration als auch Produktivität verringern.
Zu guter Letzt haben wir die Erfahrung gemacht, dass ein Unternehmen nur wächst, wenn es Gewinnspannen zulässt: die Möglichkeit, beträchtliche Margen zuzulassen, erlaubt es dem Unternehmen, würdige Gehälter zu zahlen. Ganz im Gegenteil zu den bedauerlichen Trends in der Welt der Kultur, wo befristete und schlecht bezahlte Arbeitsverhältnisse die Oberhand gewinnen und so das Qualitätsniveau der Übersetzung für den Kunden senken. Nur indem wir die Würde des Einzelnen achten und seine Talente fördern, können wir uns der Internationalisierung stellen und beruflich wachsen, alle gemeinsam.
Text von Dott. Luca Moretto, Geschäftsführer der Studio Moretto Group und Leiter des Sprachforschungszentrums CRL