Um diese Frage beantworten zu können, muss erstmal die Bedeutung des Begriffs „Fachmann/Fachfrau“ abgesteckt werden. Die Berufsbezeichnung Fachmann bzw. Fachfrau bezieht sich auf eine Person mit spezifischem Wissen in einem Fachgebiet, das je nach Berufsfeld im Rahmen einer bestimmten Ausbildung erworben wurde. Ein Arzt kann beispielsweise mit ebenso gutem Recht als Fachmann bezeichnet werden wie ein Ingenieur. Genauso gilt die Bezeichnung Fachfrau aber auch für die Abteilungsleiterin eines Unternehmens, die zwar nicht über einen entsprechenden Schul- oder Hochschulabschluss, dafür aber über eine gewisse Berufs- und Branchenerfahrung verfügt.
Wenn man bedenkt, dass diese Fachleute, die ja eigentlich nicht als Linguisten, Texter oder für andere humanistische Berufe ausgebildet wurden, dem Thema Sprache oft ein relativ geringes Interesse entgegenbringen, stellt sich die folgende Frage: Sind diese Fachleute im Zuge ihres sprachlichen Wissens und ihrer Sprachbeherrschung tatsächlich in der Lage, anspruchsvolle Texte zu erstellen? Diese Frage erhält vor allem dann Gewicht, wenn man bedenkt, dass eine wachsende Zahl von klein- und mittelständischen Unternehmen ihren Bedarf nach Übersetzungsleistungen heute intern zu decken versucht. Vor allem aus Gründen der Kostensenkung beauftragen sie damit oft ihre eigenen Mitarbeiter, die zwar eine oder mehrere Fremdsprachen beherrschen, oft aber nicht über sprachliches Fachwissen verfügen und diese Aufgabe als reine Begleittätigkeit zu ihrem eigentlichen Beruf ausüben. Die Geschäftsführung begründet diese Entscheidung in vielen Fällen damit, dass die eigenen Mitarbeiter je nach Qualifikation am besten über ihren jeweiligen Fachbereich Bescheid wüssten und dass die korrekte technische Terminologie auf betriebsinterner Ebene ja rasch recherchiert werden könne.
Einerseits ist diese Überlegung richtig: wer in einem bestimmten beruflichen Umfeld tätig ist, kann unabhängig von seiner Position und Aufgabe begünstigt sein, wenn es um das Verständnis gewisser Inhalte und das Wissen um branchenspezifische technische Begriffe geht. Andererseits muss dies nicht unbedingt bedeuten, dass dieselbe Person auch in der Lage ist, eine sorgfältige Übersetzung auszuarbeiten. Dafür können Wissenslücken in der Ausgangs- oder Zielsprache ebenso verantwortlich sein wie die (oft ausschlaggebende) Tatsache, dass diese Mitarbeiter nicht über die nötigen Werkzeuge des Übersetzerberufs verfügen.
Solange es sich um die Übersetzung einer schematischen Zusammenfassung von eindeutigen Begriffen handelt, die paradoxerweise wohl ein zweisprachiges Wörterbuch am besten übersetzen würde, können auch Fachleute, die keine Erfahrung im Übersetzungsbereich haben, ein zufriedenstellendes Ergebnis liefern. Sobald die technischen Inhalte sich jedoch in einem Kontext mit ganz präzisen sprachlichen Anforderungen (wie kommerziellen Texten, Marketing-Texten oder Verträgen) wiederfinden, von diskursiven Elementen durchzogen sind oder einen gewinnenden und ausdrucksstarken Stil verwenden, der die Aufmerksamkeit des Lesers fesseln soll und zum Beispiel für Internetseiten verwendet wird, sind jene Strategien und Techniken nötig, die nur von einem professionellen Übersetzer verlangt werden können. Eine genaue stilistische und kommunikationsorientierte Analyse, die in den Fachbereich von Sprachexperten fällt. Nur sprachlich ausgebildete Profis können den Ausgangstext in seiner absoluten Tiefe sowie in seinen emotionalen Aspekten verstehen und ihn mit der gleichen Ausdruckskraft sprachlich korrekt wiedergeben.